Die Geschichte der JU-AIR

Wer kennt sie nicht, die traditionsreiche JU-AIR mit der JU-52 – von der Schweizer Bevölkerung auch liebevoll «Tante JU» genannt. Zusammen mit den Besuchern möchte das Flieger Flab Museum ab dem 24. April 2021 in Erinnerungen schwelgen und die ereignisreiche Geschichte der JU-52 wieder aufleben lassen. Auch wenn die Tante JU im Moment nicht fliegt, so können die Besucher des Museums doch einen Blick in das einzigartige Flugzeug werfen, einsteigen und Platz nehmen.

Rettungsaktion Gauligletscher
Ein weiteres Highlight in der neuen Sonder-Ausstellung bietet die Darstellung des berühmten Rettungseinsatzes des Fieseler Storches A-97 am Gauligletscher 1946, welche nicht umsonst als Geburtsstunde der fliegerischen Gebirgsrettung gilt.

 Sonderausstellung «Gauligletscher» im Flieger Flab Museum Dübendorf

Seit Frühjahr 2021 ist die Sonderausstellung «Gauligletscher – Rettungsaktion mit dem Fieseler Storch A-97» im Flieger Flab Museum in Dübendorf in der Halle 8 zu sehen. Dort ist der Original Fieseler Storch A-97 ausgestellt, der an der Luftrettung der Besatzung einer auf dem Gauligletscher abgestürzten amerikanischen Dakota C-53 im November 1946 beteiligt war. Diese spektakuläre Geschichte ging damals um die Welt und wird in der Sonderausstellung anhand eindrücklicher Fotos und Originaltexte gezeigt.

 Zur Erinnerung an die legendäre Rettungsaktion

Unter dem Titel «Der Flugzeugabsturz einer amerikanischen Dakota auf dem Gauligletscher im November 1946 – Vor 60 Jahren war das Haslital Schauplatz der grössten alpinen Rettungsaktion» publizierte Roger Cornioley einen detaillierten und sehr lesenswerten Bericht, der unter www.armeemuseum.ch für interessierte Leser abrufbar ist. Darin wird beschrieben, wie die Dakota C – 53 mit 4 Besatzungsmitgliedern und 8 Passagieren an Bord unter Captain Ralph H. Tate jr. am 18. November 1946 auf ihrem Flug von  Tulln bei Wien via München nach Marseille  (wobei aus Gründen der «Abkürzung» trotz schlechter Sicht der Weg über die Alpen gewählt wurde) im Instrumentenflug auf einer viel zu niedrigen Flughöhe von 3350 Metern über Meer mit einer Reisegeschwindigkeit von 280 km/h auf den Gauligletscher auftraf und sozusagen gelandet wurde. Lediglich 80 Meter lang  war die Bremsspur, zwei riesige Gletscherspalten wurden knapp verfehlt. Man kann sich leicht vorstellen, was für eine gewaltige Verzögerung dies bedeutete, einzelne Sitzbefestigungen rissen und Sergeant Folsom flog mitsamt Sitz durch die ganze Kabine nach vorne. Dabei zog er sich einen komplizierten Oberschenkelbruch zu, mehrere andere Passagiere erlitten äusserliche Kopf- und Extremitätenverletzungen. Es dauerte drei Tage, bis die Maschine geortet werden konnte und die teilweise verletzten Flugzeuginsassen machten bei minus 15 Grad eine schwere Zeit durch. Dass die Dakota überhaupt gefunden wurde, war unter anderem auch mehreren Zufällen zu verdanken.

Sofort wurden von Schweizer Seite Suchtrupps mobilisiert, auch die Amerikaner liessen eine gigantische Rettungsaktion anlaufen. In einem aus 18 Wagen bestehenden Sonderzug schickten sie Jeeps, Ambulanzwagen , Raupenfahrzeuge und 150 Gebirgsjäger nach Meiringen, das über Nacht zum Treffpunkt von Journalisten aus allen Herren Länder geworden war, die Augen der ganzen Welt waren plötzlich auf das kleine Berner Oberländer Dorf gerichtet!

Die Amerikaner planten mit ihren Raupenfahrzeugen bis auf den Gauligletscher vorzudringen, was natürlich ein Ding der Unmöglichkeit war. Auch verfügten die 150 angereisten Gebirgsjäger über keinerlei Gletschererfahrung. Trotzdem liessen sie sich von den Schweizern nur schwer davon überzeugen, dass ein Gletscher mit Jeeps und Weasels nicht zu befahren sei. Auch wurde von britischer Seite erwogen, einen von einem Lancaster Bomber geschleppten Lastensegler ins Zielgebiet zu bringen und diesen dort auszuklinken, um in der Nähe der Dakota zu landen. Schliesslich erachtete man aber das Risiko als zu hoch und liess sämtliche alliierten Pläne fallen.

Brigadegeneral Loyal M. Haynes sitzt auf dem Kanadierschlitten und wird vom eingeflogenen General Ralph Snavely (mit Skistock und Sturmmütze) auf dem Gauligletscher begrüsst. Am Bildrand links ist Dr. med. Adolf Abplanalp (1915-2006), gew. Arzt in Meiringen, zu erkennen.

Die Schweizer Suchtrupps mit Bergführern und Aerzten erreichten schliesslich am fünften Tag das Flugzeug. Vorausgegangen waren verschiedene Erkundungsflüge von Major Pista Hitz und Hptm. Victor Hug mit ihren Fieseler Störchen. Dabei wurden auch ein 60kg-Ueberlebenscontainer und Rettungspakete abgeworfen. Vorgängig hatte eine Armada aus alliierten Flugzeugen in wildem Durcheinander aus grösseren Höhen Unmengen von Hilfspaketen abgeworfen, die für die tiefer fliegenden Schweizer bombengleich eine grosse Gefahr darstellten und nach einem «Treffer» auf einen Dakota-Flügel wieder gestoppt wurden.

Mittlerweile war klar geworden, dass ein Abtransport der teilweise verletzten Flugzeuginsassen ins Tal am Boden nicht möglich war. Am Sonntagmorgen 24. November 8.00 Uhr, nach einem Erkundungsflug von Victor Hug trafen sich die beiden Piloten, der Vorgenannte und Pista Hitz auf dem Militärflugplatz Meiringen. Mit einem Erfahrungsschatz von mehr als 200 Gebirgslandungen und nach eingehender Lagebeurteilung entschlossen sie sich, die Bergung der Verunfallten auf dem Luftwege durchzuführen.

Um 10.25 landete Hptm. Victor Hug auf Skikufen 500m unterhalb der Unfallstelle. Die Rettungskolonne war unterdessen bis dorthin abgestiegen. 3 Minuten später setzte Major Pista Hitz die Kufen seines Fieseler Storch 10 Meter neben Hug in den Schnee. 1 Stunde später startete Hug mit 2 Passagieren und landete 12 Minuten später in Meiringen.

Mit 8 Bergungsflügen flogen die beiden Piloten Hug und Hitz die Amerikaner vom Gauligletscher ins Tal. Bei einem 9. Flug wurde noch das Gepäck der Verunfallten abgeholt. Ein vollständig ausgerüsteter amerikanischer Lazarettzug war derweil in Interlaken eingetroffen, der Schmalspur wegen konnte er nicht bis nach Meiringen weiterfahren.  Die gelungene Rettungsaktion wurde zur Weltsensation, die beiden Piloten erlangten Heldenstatus und die Amerikaner waren in ihrer grenzenlosen Begeisterung nicht mehr zu bremsen. Für detaillierte Informationen wird auf den eingangs erwähnten Bericht verwiesen.

Der Fieseler Storch Fi 156 A-97

1936 in Kassel Deutschland von Gerhard Fieseler entwickelt und gebaut, ist er das erste STOL (Short Take Off and Landing) – Flugzeug der Welt. Mit Stahlrohrrumpf, das Tragwerk in Holzbauweise hergestellt und stoffbespannt, besitzt er ein breites und hochbeiniges starres Fahrgestell, das ihm zu seinem Namen «Storch» verhalf. Die Flügel weisen über die ganze Spannweite einen starren Vorflügel auf, ausserdem Schlitz-Querruder mit Flettner-Ruder und grosse Landeklappen. Dies ist Voraussetzung für seine extremen Kurzstart- und Landeeigenschaften, ausserdem verfügt er über sensationelle Langsamflugcharakteristika, selbst bei 50 km/h liegt die Strömung noch an! Die Kabine bietet Platz für drei Personen und ist grosszügig verglast, mit dem Vorteil einer ausgezeichneten Rundumsicht. Angetrieben wird er durch einen luftgekühlten Argus As 10C V8-Motor mit einem Hubraum von 12.6 Litern und einer Startleistung von bis zu 270 PS. Die ausgestellte A-97 wurde nach einer Notlandung in Samedan interniert und 1965 ans Verkehrshaus in Luzern übergeben. Dort hing sie bis 2015. Am 5. November 2016 hob die von der Firma Aero Kros in Polen vollkommen restaurierte A-97 zu ihrem zweiten Erstflug ab, seither ist sie wieder zurück in der Schweiz.

Text: Dr. Theodor Huber Fotos: Archiv Flieger Flab Museum Dübendorf

dfs


Herzlichen Dank allen unseren Sponsoren