– 24.02.2022 –

Die Befehlsausgabe

In dieser Episodenreihe soll den Lesern ein Einblick in die Aufgaben und Tätigkeiten eines Feuereinheitskommandanten der Mittleren Fliegerabwehr (M Flab) während eines Felddienst-Wiederholungskurses gewährt werden. Die jeweiligen Episoden bauen aufeinander auf und werden in der «Ich» Form erzählt. In der ersten Episode geht es um die Befehlsausgabe.

Es ist Donnerstag im Kadervorkurs (KVK) des diesjährigen Wiederholungskurses (WK) und ich sitze zusammen mit meinem Batteriekommandanten (Kadi) der Batterie 45/2 und meinen anderen Zugführerkollegen in einem Puch G auf dem Weg zum Kommandoposten (KP) unserer M Flab Abteilung 45. Der Grund dafür ist die anstehende Befehlsausgabe für die Felddienstübung in der zweiten Woche des WKs. Zwar fallen unter uns lässige und freche Sprüche, aber eigentlich ist jeder für sich innerlich doch angespannt. Was kommt mit der Felddienstübung auf uns zu? Um was für einen Auftrag geht es? Immer wieder gehen mir diese Fragen durch den Kopf. Es nützt nichts weiter zu grübeln, an der kommenden Befehlsausgabe durch den Abteilungskommandanten und seinen Stab werden wir alles Nötige darüber erfahren.

Nachdem wir im KP der Abteilung (Abt), welches sich in einer unterirdischen Schutzanlage im aargauischen Wohlen befindet, angekommen sind, werden wir nach erfolgter Zugangskontrolle vom Radaroffizier (Radar Of) der Abt in Empfang genommen und in den Konferenzraum geführt. Mit den drei Batteriekommandanten, den sechs Feuereinheitskommandanten, den vier Zugführern der Stabsbatterie (SB) und dem Abteilungsstab ist der Konferenzraum mehr als voll. Ich finde meinen mir zugewiesenen Platz angeschrieben mit FEK 6 (Feuereinheitskommandant Feuereinheit 6). Es liegen ein Auszug des Befehlspakets und Kartenmaterial für mich bereit. Um 3 Minuten vor 10.00 Uhr beordert der Adjutant die Anwesenden in die Achtungsstellung. Er meldet dem Abteilungskommandanten: «Kader M Flab Abt 45 bereit zur Befehlsausgabe!» Nachdem der Abteilungskommandant uns zum Sitzen aufgefordert hat, beginnt er mit seiner Orientierung über die anstehende Felddienstübung.

Der Auftrag der Felddienstübung beinhaltet den Schutz des Aare-Laufwasserkraftwerks Flumenthal im Kanton Solothurn. Der Nachrichtenoffizier erläutert die militärische Lage und die zu erwartende Bedrohung aus der Luft. Anschliessend informiert der Chef Operationen über den Auftrag der vorgesetzten Stelle, sowie über den eigenen erhaltenen Auftrag. Nun folgt die Absicht des Abteilungskommandanten, wie er den erhaltenen Auftrag lösen will. Schnell wird klar, dass er das Flusskraftwerk mit insgesamt drei Feuereinheiten schützen will. Zwei davon, eine objektnahe und zwei vorgelagerte, werden zum Einsatz kommen. Die drei Feuereinheiten 4, 5 und 6 der Batterie 45/2 sollen das Flusskraftwerk gegen Luftangriffe aus östlicher Richtung schützen. Die Feuereinheiten 1, 2 und 3 der Batterie 45/1 sollen Angriffe aus westlicher Richtung abwehren. Nach der Absicht erfolgt die Auftragserteilung an die unterstellten Verbände. Als Kommandant der Feuereinheit (FE) 6 erhalte ich den Auftrag, das Flusskraftwerk objektnah zu schützen. Es folgen nun weitere besondere Anordnungen wie Bereitschaftsgrade, Datum der Erkundung im Einsatzraum, Zeitplan, Rapporte und Regelungen für die Logistik und Führungsunterstützung. Nachdem die Befehlsausgabe abgeschlossen, erhalten wir kurz Zeit, um das abgegebene Befehlsdossier zu studieren und Fragen zu stellen.

Bereits gehen mir die ersten Gedanken für die anstehende Erkundung und den Einsatz durch den Kopf. Wie ist das Gelände vor Ort? Wie sind die Sichtverhältnisse? Ist Nebel zu erwarten? Wie sind die Zugangsstrassen? Wo gibt es Räume für den Bereitstellungsraum? Wo gibt es Möglichkeiten für die Rückwärtige Stellung meiner Feuereinheit? Das Rückwärtige ist der Ort, wo sich mein Gefechtsstand (Gefstd) und die Unterkunft meiner ruhenden Mannschaft befinden.

Nachdem alle offenen Fragen durch den Abteilungsstab beantwortet wurden, machen wir uns auf den Weg zu unserem Batterie-Standort. Während der Verschiebung unterhalten wir uns über die kommende Übung und vor allem über die nun anstehende Erkundung des Einsatzraums. Darüber mehr im nächsten Artikel.

Text: Beat Benz   Foto: VBS – Kommando Höhere Kaderausbildung HKA