-23.11.2022-

Dübendorf – Die Wiege der Aviatik seit 1910

Im Jahre 1910 begann mit der 1. Zürcher Flugwoche mit über 100’000 Besuchern eine faszinierende Geschichte mit diversen Turbulenzen. Wer in der Aviatik Turbulenzen oder Gegenwind scheut, ist am falschen Ort. Sie stehen heute an diesem Ort und können die Geschichte nachempfinden. Hier wurden bei ganzen Generationen, von Jugendlichen aber auch Älteren, Verständnis und Begeisterung für die Luftfahrt geweckt. Hier steht die Wiege vieler Träume und Hoffnungen. Hier erhält unser Denken Flügel. Aber Ideen haben nicht nur Flügel, sie brauchen auch ein Fahrgestell.

Vom Fliegermuseum über das Flieger Flab Museum zum Air Force Center

Im Jahre 2022 feiert das Fliegermuseum in Dübendorf sein 44-jähriges Jubiläum. Seither haben über eine Million Besucher die Ausstellung besucht und sich überzeugen können, dass hier die Darstellung der Geschichte der Fliegertruppen einem ständigen Wandel unterzogen war und ist. Dies dank einer einzigartigen und bewährten Organisationsform, in welcher ein Stiftungsrat, der Verein der Freunde der Luftwaffe (VFL) mit einer Vereinsstruktur, ein kleines Profi-Team und an die 200 Freiwillige mit hohem Engagement erfolgreich zusammenarbeiten.

Entstehung und Aufbau des Fliegermuseums

Die Fliegertruppen wurden im August 1914 gegründet, sie wandelten sich in den über 100 Jahren entscheidend. Organisation, Material und Infrastruktur wurden laufend modernisiert, der ständig sich entwickelnden Technologie und militärischen Anforderungen angepasst. Diese Entwicklung sollte im Fliegermuseum einfach und verständlich dargestellt werden, und gleichzeitig für Angehörige und Freunde der Fliegertruppen eine Begegnungsstätte sein.

Seit 1970 wurden durch die Abteilung für Militärflugplätze (AMF) unter Direktor Hans Giger  technisch und historisch bedeutsame Objekte (Flugzeuge, Bewaffnung, Motoren, Bodenmaterial, Werkstatteinrichtungen, Führungs- und Übermittlungseinrichtungen wie Radarsysteme, Funkanlagen usw.) gesammelt und restauriert. Im Juni 1972 konnte die AMF dieses Material dem damaligen Kommandanten der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen an der Meisterschaft der Fliegertruppen vorstellen und das kleine Museum im Hangar 13 für Anlässe der FF-Truppen zugänglich machen. Bis 1978 wurde weiteres, wertvolles Ausstellungsgut aus früherem Flugmaterial der Schweizerischen Fliegertruppe zusammengetragen und durch solches ergänzt, das in den beiden Weltkriegen durch Abstürze, Notlandungen, Internierungen und Käufe in die Schweiz gelangte. Im Frühjahr 1978 wurde das mittlerweile umfangreiche Material in zwei Hangars und zwei Zwischenräumen präsentiert. Am 7. April 1978 wurde dem Gesuch der AMF an das Eidgenössische Militärdepartement (EMD) stattgegeben, die Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und einen vollamtlichen Konservator zur Führung des Museums zu bewilligen. Im Mai 1978 wurde in drei alten Hangars auf dem Flugplatz Dübendorf die erste Version des Fliegermuseums eröffnet.

Eröffnung der Ausstellung in drei alten Hangars

Am 8. Juni 1979 wurde der Verein der Freunde des Museums der schweizerischen Fliegertruppen (VFMF) gegründet. Das Sammelgut wuchs weiter an, so dass wertvolles Material nicht mehr ausgestellt werden konnte. Die Bauten wurden für den Winterbetrieb ausgestattet, in den Betrieben Dübendorf, Buochs und Interlaken wurden Werkstätten eingerichtet, in welchen pensionierte, ehemalige Mitarbeiter der AMF resp. des Bundesamtes für Militärflugplätze (BAMF), Nachfolgeorganisation der AMF, Museumsmaterial restaurierten und rekonstruierten.

Im Mai 1982 übernahm der VFMF den Zivilbetrieb mit den ausgemusterten drei Junkers Ju-52 Flugzeugen. In einer denkwürdigen Spendenaktion wurden die notwendigen Mittel gesammelt, um die Flugzeuge um- und auszurüsten. Die drei JU-52 wurden als zweites Standbein zum Museum durch eine kleine Profigruppe von 4 Mitarbeitern als JU-Air geführt, betrieben und unterhalten, unterstützt durch freiwillige Piloten, Hostessen und Mechaniker. Jährlich sollten 600 Flugstunden geflogen werden und dabei 10’000 Passagiere befördert werden. Die Idee fand großen Anklang, bis im Jahr 2018 waren die Flüge ausgebucht. Nach dem tragischen Absturz der HB-HOT im August 2018 kam die Idee zu einem abrupten Ende.

Da der Bund als Besitzer der drei Hangars die Mittel für weitere Museumsbauten nicht bereitstellen konnte, beschloss der VFMF im Jahr 1985 auf privater Basis einen Erweiterungsbau zu erstellen. Durch die vom VFMF errichtete Stiftung für das Museum der schweizerischen Fliegertruppen  wurden in einer großen Spendenaktion die finanziellen Mittel für die Erweiterung beschafft und ein Betonschalenbau erstellt. Am 2. Juli 1988 erfolgte die Einweihung des erweiterten Museums durch den Chef EMD im Beisein eines Großteils der Spender und der knapp 3’000 Mitglieder des VFMF. Nach der Einweihung übernahm der VFMF vom Bund den Betrieb des Museums, gleichzeitig erhielt er die Bewilligung für den Betrieb eines Restaurants und des Museumskioskes.

Neubau Fliegermuseum 1988

Jährlich besuchten etwa 50’000 Besucher aus dem In- und Ausland die neue Ausstellung, das Fliegermuseum entwickelte sich hinter dem Verkehrshaus in Luzern und dem Technorama in Winterthur zum drittgrößten technischen Museum der Schweiz, aus der kleinen Ausstellung in einem Hangar entstand für die Flugplatzregion ein Anziehungspunkt von nationaler Bedeutung.

Weiterentwicklung zum Flieger Flab Museum

Am 19. April 1997 erfolgte der Zusammenschluss des VFMF mit dem VF Flab zum VFL. Dieses Ereignis hatte eine Vorgeschichte. An der Jubiläumsveranstaltung «50 Jahre Fliegerabwehr» wurde 1986 in Emmen historisches Flabmaterial zusammengetragen und ausgestellt. Die Ini- tianten des Flab Museums argumentierten, Emmen sei für die Fliegerabwehr das, was Dübendorf für die Flieger ist. Die Schaffung eines Flab Museums mit Standort Emmen wurde nach dem Vorbild des Fliegermuseums Dübendorf in die Wege geleitet. Der 1988 gegründete Verein der Freunde der Fliegerabwehr liess ein Projekt ausarbeiten. Die Stiftung für das Museum der Schweizerischen Fliegerabwehrtruppen begann 1993 mit einer Geldsammlung, das vorgegebene Sammlungsziel wurde durch die Stiftung VF Flab bis Ende 1995 aber nicht erreicht. Es begannen die später erfolgreichen Fusionsverhandlungen zwischen den Vereinen. Am 19. April 1997 hielten der VFMF und der VF Flab gleichzeitig ihre letzten Generalversammlungen und die zwei Stiftungen die letzten Stiftungsratssitzungen. Am Nachmittag ging die Generalversammlung des fusionierten Vereins der Freunde der schweizerischen Luftwaffe (VFL) erfolgreich über die Bühne.

Der Fusionsvertrag und die neuen Statuten wurden von den Vereinsmitgliedern genehmigt. In den Statuten des VFL ist der Vereinszweck wie folgt beschrieben:

  • Der VFL führt das Flieger Flab Museum und fördert durch Veranstaltungen und die Ausstellung von historischem Material das öffentliche Interesse an Geschichte, Gegenwart und Zukunft der schweizerischen Luftwaffe.
  • Der Verein kann Demonstrations- und Nostalgieflüge mit historischen Luftfahrzeugen durchführen.
  • Hauptziel ist die Darstellung der Geschichte der schweizerischen Luftwaffe im Zusammenhang mit der Weltgeschichte und der Schweizergeschichte auf lebendige und informative Art und Weise. Der Museumsbesuch muss dabei einen Erlebniswert aufweisen. Dem Besucher soll die Möglichkeit geboten werden, die grossen Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen. Gleichzeitig sind die militärische und technische Entwicklung in der Luftkriegsführung sichtbar zu machen.
  • Aktuelle Präsentation der Luftwaffe sowie Selbstdarstellung des Kommandos und der Grossen Verbände der Luftwaffe (Geschichte, Erinnerungen, Menschen).

Fliegermuseum 2002, Halle1 und Halle2

Die Finanzierung des Museumsausbaus sollte nach Maßgabe der verfügbaren finanziellen Mittel, welche sich aus den Aktiven des VFL und zinsfreien Darlehen zusammensetzen, erfolgen. Nun galt es, die Objekte der Fliegerabwehr zu integrieren, die Ausstellung für die Übergangszeit während des Baus der neuen Halle umzugestalten (Eröffnung April 2000) und am Platz der alten Hangars einen Neubau zu erstellen. Der Zeitplan, welcher die Eröffnung des erneuerten Museums an der Generalversammlung 2002 des VFL als Endzeitpunkt definierte, wurde genau eingehalten. Im April 2002 erfolgte die Neueröffnung der Ausstellung in zwei großen Ausstellungshallen.

Vom Flieger Flab Museum zum Air Force Center

Die JU-AIR feierte 2012 ihr 30-jähriges Jubiläum. Das im Jahr 2002 eröffnete Flieger Flab Museum bestand viele Bewährungsproben. Mit dem Air Force Center erhielten die verschiedenen Bereiche rund um das Museum einen neuen organisatorischen Rahmen. Die Geschäftsleitung blieb aktiv, diverse Umstellungen der Objekte erhielten die Ausstellung lebendig, und als neuer Anziehungspunkt erwies sich im Jahre 2005 die Inbetriebnahme zweier Simulatoren, der P-3 Flugsimulator und dann der europaweit erste zivile Fallschirm Simulator. Später kamen die Boeing 747, Mirage, und F/A-18 Simulatoren dazu. In der Halle 8 konnte die einmalige Motoren- und Triebwerksammlung eingerichtet werden. Das Event Center mit modernsten Darstellungsmitteln in der Museumshalle 2 war erfolgreich. Auch das erweiterte Restaurant Holding mit seinem „Flüügerstübli“ brachte neue Besucher in unser Museum, welche die besondere Kulisse und das kulinarische Angebot schätzten. Geführte Besuche mit kompetenten Führern – pensionierte, freiwillige Mitarbeiter aus allen Sparten der Luftwaffe – erfreuten sich immer grösserer Beliebtheit, weil die Geschichte umfassend weitervermittelt und damit „erlebt“ werden konnte.

Es bleibt zu wünschen und zu hoffen, dass diese kontinuierlich aufgebaute und erfolgreiche Institution auch in Zukunft den Ursprung der schweizerischen Aviatik, insbesondere der Militäraviatik vermittelt und die bewegte Geschichte, attraktiv für Jung und Alt, in den Museumshallen präsentiert.

Text: Manfred Hildebrand  Fotos: Fotoarchiv Museum