– 03.01.2022 –

Die fast lebenslängliche Faszination für die Fliegerei und die Flugtechnik führten mich als Freiwilliger mit Jahrgang 1943 als Aufsicht und Führer ins Flieger Flab Museum

Wie in vielen alten Fliegergeschichten begann diese Faszination schon in der Schule mit einem Lehrer, der uns den Modellbau beibrachte. Das löste dann vermutlich das Virus aus, das mich dazu brachte, mich erst einmal als Mechaniker-Lehrling in der damaligen DMP (im Volksmund „Flügi“ oder Chlämpi) zu melden, und das auch in der Hoffnung auf eine spätere Pilotenkarriere.

1959 – Mechaniker Ausbildung

So fand ich mich am 1. Mai 1959 mit 14 andern jungen Männern beim Haupteingang des Flugplatzes Dübendorf ein und wurde zur Lehrlingswerkstatt geführt. Während 4 Jahren wurden wir dort vom Lehrlingschef Widmer und anderen Chefs zu erstklassigen Mechanikern ausgebildet und konnten dabei im 2. Lehrjahr auch die ganze Palette der damaligen Flugzeugtechnik durchlaufen: Etwa in der Motorenwerkstatt die Einstellung der Zündmagnete am HS-Motor vornehmen. Dass die Zündmagnete auch an metallenen Türgriffen ihre hochspannende Wirkung zeigten, musste etwa ein Stift oder Mechaniker erfahren. Oder beim Schweisser Temperli die ersten  Versuche im Schweissen und Löten von Stahl oder Aluminium. Die Schmiede mit Schmied Köbi Baumann und dem Oberstift, der den Jungspund in die Werkzeugausgabe schickte, um das „Klangfett für den Amboss“ auszufassen. Oder kennt ein Lehrling das „amerikanische Augenmass“, das gerade in der Halle 12 gebraucht  wird, aber dort abgeholt werden muss?!

1964 in Payerne

Vier spannende Jahre, denen dann die RS als Fliegerrekrut im eisigen Payerne (Winter 1963 mit Temperaturen von -15° für 1 ½ Monate) folgte. Das hiess nachher, als Waffenmechaniker am Venom in die WK’s einzurücken, anschliessend auf das damalige Superflugzeug Mirage IIIS umzuschulen und die militärische „Karriere“ in einer Füsilier-Kompanie abzuschliessen.

Ab 1966 Flugzeugmechaniker bei der Swissair

Beruflich gab es ein Intermezzo als Werkzeugmacher, ehe ich am 1.Oktober 1966 in die Swissair eintrat und 3 Jahre als Flugzeugmechaniker  in der damaligen Langstreckenwartung arbeitete. Da lernte ich schon einiges über die Technik der damals topmodernen DC-8 und Coronado. In dieser Zeit bewarb ich mich für die Pilotenausbildung in der Luftverkehrsschule SLS, erhielt dann aber den Bescheid, dass es für die Menschheit zu gefährlich wäre, wenn ich versuchte, ein Flugzeug zu steuern. Also blieb ich vorläufig auf dem sicheren Boden, bis die Swissair Bordmechaniker suchte. Die Bewerbung für diesen Cockpit-Job fiel positiv aus und am 30. April 1969 begann ein neues Kapitel.

DC-8 Bordmechaniker Station

1969 – Start zum Bordmechaniker-Kurs „F/E 1/69“                   

Es warteten einige Monate mit intensiver Theorie über Flugzeug-Technik, Elektro- Systeme, Hydraulik, Navigation und alles was so mit der Fliegerei zusammenhängt. Dann folgten viele Simulator Übungen bis wir als Bordmechaniker-Aspiranten im Februar 1970 zum ersten Mal in einem DC-8 Cockpit unser Gelerntes anwenden konnten. Diese Cockpit-Einführung passierte unter den scharfen Augen eines Instruktors, während des Flugtrainings der Piloten im kalten, winterlichen Arlanda bei Stockholm. Spannende Stunden für uns Aspiranten, denn wir kannten ja einen Go-Around oder einen Emergency Descent nur aus dem Simulator, ebenso Steep Turns um die Spoiler Wirksamkeit zu demonstrieren usw.: Alles Neuland für uns. Nach diesem „Hands-on Training“ folgte dann die Streckeneinführung. Zuerst aber durften wir an der Bahnhofstrasse in Zürich in einem Herrenmode-Geschäft unsere Uniform anmessen lassen und dann stolz für den ersten Streckenflug einchecken, welcher mich zum ersten Mal gleich nach New York führte. Ich spüre jetzt noch die Nervosität während dieses Fluges.

DC-8

Das erste Mal in einer DC-8 über den Atlantik, das erste Mal in New York und natürlich das erste Mal die spezielle Cockpit-Atmosphäre. Zu der Crew gehörte damals auch noch der Navigator, der alle 10 Längengrade mit dem Sextanten und Radiohilfen einen Position-Fix machte und den Piloten die genaue Position (meistens!) und den Kurs mitteilte. Es war also recht eng im Cockpit mit den 2 Piloten, dem Bordmechaniker-Instruktor und seinem Aspiranten, sowie dem Navigator. Es folgten noch mehrere Flüge mit einem Instruktor, ehe dann im Juni endlich das erlösende Schreiben kam: «Sie sind per 24. Juni 1970 zum selbständigen Bordmechaniker auf DC-8 ernannt worden.»

1970 als selbständiger Bordmechaniker auf der DC-8

Es folgten 5 Jahre Einsatz auf diesem Typ, die mich in eine „neue Welt“ entführten. Denn bis anhin wusste ich wohl, dass es Afrika, Südamerika oder Asien gibt. Aber wo Abijan, Duala oder Karachi genau liegen, musste ich trotz guter Geographiekenntnisse erst erfahren oder erfliegen. Die Erfahrungen mit den lokalen Gegebenheiten, den Mechanikern und natürlich auch mit technischen Problemen forderten mich da manchmal ordentlich, wurden aber immer wieder durch z.T. mehrtägige Aufenthalte an exotischen Orten kompensiert.

In der Zwischenzeit änderte sich auch unser Berufsname: Aus Bordmechanikern wurden wir Flight-Engineers, was aber an unserer Funktion als technische Spezialisten an Bord nichts änderte.

1975 – Umschulung auf die DC-10

Nach 5 Jahren mit ca. 2500 Cockpitstunden durfte ich 1975 auf die DC-10 umschulen, was nach der DC-8 ein rechter Technologie-Schritt war. Die DC-10 verfügte immerhin über ein Trägheitsnavigations-System, gekoppelt mit einem Navigations-Computer. Diese Neuigkeit  führte zu Beginn oft zu der Frage im Cockpit: „Was macht er ächt jetzt wieder?“ Trotzdem wurden unsere Destinationen immer gefunden! Es waren auch 3 Autopiloten installiert, was es erlaubte, die ersten automatischen Landungen durchzuführen. Auch Balair flog in ihrer Flotte eine DC-10, was uns Cockpit-Besatzungen wieder an neue Orte brachte. So war etwa  1 Woche Mombasa oder 1 Woche Oakland/Kalifornien im Programm, auch Caracas, Santo Domingo oder Miami gehörten zu den Wunschdestinationen.

DC-10 F/E Station

Es gab aber auch ungemütliche Momente in diesem Flugzeug, da die Triebwerke oft an ihrem Limit liefen und sich hie und da „verabschiedeten“. So während dem Startroll in Montreal, als das Triebwerk rechts mit lautem Knallen und Stichflammen ausstieg und wir nach einer Vollbremsung wieder ans Gate zurückkehrten. Erster Befund: Turbine kaputt, Triebwerk muss gewechselt werden. Das nächste Ersatztriebwerk war aber in Chicago, was hiess, dass wir damals mit nur 2 gesunden TW einen sogenannten «Ferry-Flight» durchführen konnten. Mit einem ein bisschen höheren Puls als normal kamen wir aber sicher in die Luft und dann weniger hoch und langsamer nach Chicago.

Oder dann im Steigflug aus Boston, als sich plötzlich das Hecktriebwerk mit lautem Rumpeln und starken Vibrationen meldete und abgestellt werden musste. Auch hier wieder ein Turbinenproblem, wobei die DC-10 zweimotorig noch sehr sicher zu fliegen war. Heute ist ja zweimotorig Standard, aber in den 80-iger Jahren war dies noch sehr ungewöhnlich!

In dieser Zeit durfte ich eine Zusatzausbildung als Instruktor und Route-Check Flight-Engineer absolvieren, was mir erlaubte, Aspiranten im Simulator und auf der Strecke auszubilden.

Eine spannende Zusatzfunktion war auch die Teilnahme an Testflügen nach Abschluss einer Flugzeugrevision. Da wurden Werte erflogen, an die man in der Normal-Ops nicht denken durfte. So wurden TW abgestellt und wieder gestartet, Hydraulik-Systeme deaktiviert und als Krönung die Minimalgeschwindigkeit bis zum Abkippen erflogen. Erstaunlich, wie schnell sich ein 200 Tonnen schweres Flugzeug nach dem „Abschmieren“ wieder aufrichtete. Auch das „Fuel dumping“ (Notablass von Treibstoff) wurde erprobt. Viele spannende Erlebnisse auf der DC-10, bis ich Anfang 1991 auf den Boeing 747 Jumbo-Jet umschulen konnte.

1991 Umschulung auf den Boeing 747 Jumbo-Jet

An der F/E -Station im B-747

B-747 Cockpit

Der Jumbo war damals das Paradepferd auf der Langstrecke und entsprechend stolz war dann auch die Cockpitbesatzung, die diesen „Guggu“ bewegen konnte.

Am Fahrwerk B-747

Es war natürlich schon ein bisschen spannend, in Zürich mit damals sensationellen 372 Tonnen Startgewicht abzuheben, bei hohen Temperaturen fast im Tiefflug über Opfikon nach Norden zu drehen, um dann nach der Umrundung von Winterthur langsam nach Nordosten zu steigen. Nach 9-10 Stunden Flugzeit erfolgte dann z.B. die Landung im nicht immer einfachen Peking.

Eine gute Infrastruktur, aber oft schwierige Zusammenarbeit mit Behörden oder Handling-Agent. Der Mechaniker und der Stationsleiter waren oft stark gefordert. Aber ein feines chinesische Essen und ein TSINGTAO-Bier hoben dann nach kleineren oder grösseren Problemen die Stimmung wieder.

Beim Briefing vor dem letzten Flug PEK-ZRH mit Capt. Ruedi “Sunny” Rinderknecht und Copi Mike Vogt.

1998 Pensionierung

Gegen Ende der 90-iger Jahre näherte ich mich dem Pensionierungsalter, denn wir konnten damals mit 55 in die Pension gehen. Altersmässig noch sehr früh, aber nach 3 Jahren Schichtarbeit in der Technik und 28 Jahren Langstreckenfliegerei kam eine gewisse Flug-Müdigkeit auf und das Schlafmanagement wurde immer schwieriger. Die Fliegerei mit all ihren Facetten wie Technik, das Fliegen an und für sich und die Zusammenarbeit mit einem voll motivierten Team faszinierten mich aber immer noch sehr stark. Trotzdem entschloss ich mich, die Uniform an den berühmten Nagel zu hängen. Am 24. Juni 1998 machte ich in Zürich nach einer Peking Rotation meinen letzten „Check after Landing“, unterschrieb das letzte Mal das Aircraft-Log und schloss zum letzten Mal die Cockpit-Türe des 747.

Tschau Jumbo, Adieu Fliegerei.

Das war’s dann, nach etwa 12‘500 Flugstunden, unzähligen Simulator- und nach vielen Instruktionsstunden.

Der Tisch an der FE-Station ist gedeckt für das Abschiedsessen

Seit 2002 im Museum

Nun hatte mich aber die Fliegerei doch nicht ganz losgelassen. Durch irgendwelche Hinweise fand ich mich im September 2002 plötzlich im Museum und konnte wieder den Duft (nicht der grossen weiten Welt) aber immerhin so etwas wie Kerosin- und Kavernenluft einatmen. Es machte mir Spass, die Flugzeuge um mich zu haben, mit denen ich vor Jahrzehnten in Dübendorf oder im Militär gearbeitet hatte. Ich drehte meine Runden als Aufsicht und vertiefte mich dabei auch immer mehr in die Geschichte und Technik dieser Oldtimer. Als dann wieder einmal Nachwuchs bei den Museums-Führern gefragt war, war ich schliesslich in der Lage, nach einigen Einführungs-Runden mit einem alten Hasen, alleine vor einer Gruppe zu stehen und mein Wissen und etwa ein Episödchen über die Fliegerei – und natürlich speziell über die Militärfliegerei – unter die Gäste zu bringen.

Es macht immer noch sehr viel Spass, interessierten Leuten das Museum mit Wissen und Geschichten zu präsentieren. Und wenn es am Schluss heisst: Das war super, ist der Spass noch grösser! Was wir als Aufsicht und Führer auch schätzen, ist die Kameradschaft, die Museumsabende oder andere Anlässe und die Wertschätzung „von oben“. Schade, dass die Fluggutscheine nicht mehr mit einem Ju-Flug abgegolten werden können! Das war immer ein Erlebnis, das ich liebte. Aber Bücker oder Do 27 (wie diesen Herbst!) sind auch nicht ohne!

Nun hoffe ich, dass das Museum trotz allen Widrigkeiten eine gute Zukunft hat und die vielen Freiwilligen weiter ihrer Passion nachgehen können und die Profis nicht arbeitslos werden!

Text: Peter Hotz Fotos: Peter Hotz


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