– 17.06.2019 – 

Zur Vorgeschichte: Die Schweiz verfügte während und in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg noch über keine modernen technischen Ortungsmittel zur Ueberwachung und Verteidigung des Luftraumes. Für die Zielortung begnügte man sich mit veralteten Ausrüstungen, welche auf optischen und akustischen Verfahren basierten, wie z.B. akustische Horchgeräte zur groben Lokalisierung von Flugzeugen und deren Richtungsbestimmung, sowie mittels Scheinwerfer gekoppelte Telemeter für die Entfernungsmessung.

Zusätzlich betrieb man an verschiedenen Standorten Funkpeiler. Die Beobachtungen des Flieger Beobachtungs- und Meldedienstes (Fl BMD) wurden mit den Funkpeilungen korreliert und dadurch konnte man vage „Positionskoordinaten“ von unbekannten Flugzeugen ausmachen.

Bis Ende des Zweiten Weltkrieges wurden entsprechende Geräte zur Funkaufklärung im Sphinx-Observatorium auf dem Jungfraujoch betrieben.

Die Schweiz verfügte in den dreissiger Jahren an der ETH Zürich bereits über ein Institut, das sich auch mit Fragen der Hoch- und Höchstfrequenztechnik befasste, zudem über eine relativ leistungsfähige Fernmeldeindustrie, welche zweifellos in der Lage gewesen wäre, eigene Entwicklungen auf dem Funkortungsgebiet anzugehen.

Die kriegsführenden Staaten setzten bereits ab Beginn des Zweiten Weltkrieges Radar- oder Funkmess- Geräte (wie diese in Deutschland bezeichnet wurden), zur Überwachung des Luftraumes und für die Jägerführung ein. Alles was damit in Zusammenhang stand, unterlag strengster Geheimhaltung.

Als erste Grossanwendung der Funkortung wurde vom britischen Luftfahrtministerium im Jahr 1937 mit dem Aufbau einer Radarkette begonnen, die im Zweiten Weltkrieg in der Battle of Britain als «Chain Home» eine bedeutende Rolle spielte.

1934 Schaffung des Fliegerbeobachtungs- und Meldedienstes (FlBMD) mit einer Verordnung des Bundesrates.

1938 Der FlBMD wurde zu einem Dienstzweig der Fliegerabwehrtruppe. 216 Beobachtungsposten, 35 Auswertezentralen und 38 Telefonzentralen des C- Netzes dienten der Erfassung und Weiterleitung der Beobachtungsergebnisse. Im Aktivdienst von 1939 bis 1945 war der FlBMD das einzige Mittel für die Luftlageerfassung und -darstellung (keine Radargeräte). Der FlBMD existierte mit mehreren organisatorischen und materiellen Anpassungen bis 2003.

1944 Beschaffung von zwei deutschen Radargeräten Würzburg (Fu.M.G.62). Mit diesen Fliegerabwehr-Zielsuchgeräten wurden einige Versuche durchgeführt (kein Einsatz).

1944/1945 Die Direktion der Militärflugplätze und die ETH Zürich führten Untersuchungen deutscher und amerikanischer Funkmess- und Radaranlagen von in Dübendorf gelandeten Kriegsflugzeugen durch.

Erfassung und Darstellung der Luftlage

1948 Beschaffung eines amerikanischen Radargerätes LGR-1 (Bendix). Verwendung für erste Frühwarnradarversuche und Ausbildung von Radarmechanikern.

1952 Beschaffung von Frühwarnradarmaterial ER 220 der französischen Firma SFR für sechs feste Standorte und fünf mobile Anlagen, sowie von Geräten für die Standzeichenunterdrückung (Moving Target Indicator MIT, Standard Telephon & Radio AG). Bau des Flieger-Höhennetzes mit vier Radaranlagen.

1954 Die Ausbildungsradaranlage Dübendorf (Dürrbach) und der Versuchsstandort der kriegstechnischen Abteilung Bütschelegg waren betriebsbereit.

1958 Beschaffung einer Radaranlage AN/FPS-20A (Bendix) mit Arctic Tower von der amerikanischen Luftwaffe. Aufbau des Versuchsstandortes Wangenerberg.

1961 Die erste von drei geschützten, ortsfesten Radaranlagen mit je drei Azimut-Antennen und einer Höhenfinder-Antenne ER-220 war einsatzbereit (Anlage GR). Zwei weitere Anlagen (LO und W) waren in den Folgejahren einsatzbereit. Auf mobile Radaranlagen ER 220 wurde verzichtet.

1965 Inbetriebnahme der Radaranlage AN/FPS-20A (Bendix) auf der vierten Radaranlage (TG). Ein Höhenfinder des  Typs 9ZW/10ZW (Philips) wurde auf der Radaranlage GR eingerichtet

1970 Florida (Hughes Aircraft Company) als digitales Multifunktionssystem für die Luftlageerfassung und -darstellung, Jägerleitung, Einsatzleitung der neun Radarlenkwaffeneinheiten Bloodhound, militärische Flugsicherung und Warndienst waren einsatzbereit. Florida umfasste drei ortsfeste Radaranlagen mit 3D- Primär- und Sekundärradarsystemen, sowie zwei Einsatzzentralen.

1972 Die bisher einmaligen Manöver der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen wurden vom 25. September bis 4. Oktober 1972, aus Anlass des Übernahmetests des Florida-Systems durchgeführt (Kategorie-3-Test). Das Gros der Formationen der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen leisteten ihren Wiederholungskurs. (Flieger- und Fliegerabwehr-Nachrichtenregiment 21, Flieger- und Fliegerabwehr-Übermittlungsregiment 22, Armeewetterabteilung 1, Flugwaffenbrigade 31 mit 3 Fliegerregimentern, Flugplatzbrigade 32 mit drei Flugplatzregimentern, Fliegerabwehrbrigade 33 mit 3 Fliegerabwehrregimentern und dem Fliegerabwehr-Lenkwaffenregiment 7, Flieger- und Fliegerabwehrpark 35). Das Floridasystem hatte den Test bestanden und wurde in der Folge von der Abteilung der Militärflugplätze übernommen.

1988 Fünf mobile Tiefflieger-Radaranlagen Taflir (Westinghouse AN/TPS-70) ergänzten das Florida-System und werden bis heute in die Gesamtluftlage integriert.

2004 Das Florako-System (Thales/Raytheon) ersetzt das Florida-System, mit vier ortsfesten Radaranlagen und Integration verschiedener, weiterer Radarsensoren.

Flugplätze

1957 Einführung von drei Landeradarsystemen AN/MPN-5 (Bendix) mit Überwachungsradar (SRE), Landeradar (PAR) und VHF-Peiler für Blindanflüge (Ground Controlled Approach GCA) auf den Flugplätzen Dübendorf ab 1957, Payerne ab 1958, Emmen ab 1959. Ab 1960 wurden diese durch die Installation von drei AGA-VHF-Funkdrehbaken an den Standorten Emmen, Dürnten und Kerzers ergänzt. Die Landeradaranlagen AN/MPN-5 wurden bis zur Ablösung durch die Quadradar-Anlagen, Ende der 1980-er Jahre, verwendet.

1969/1970 Mit den Rüstungsprogrammen 1969 und 1970 wurden Blindlanderadaranlagen vom Typ Quadradar (Gilfillan) beschafft und bis 1976 auf allen Militärflugplätzen installiert. Sie standen bis zur Ablösung durch das Militärische Anflugleitsystem (MALS) im Jahr 2016 im Einsatz.

1991 wurden zur Ergänzung der Quadradars auf den Flugplätzen Dübendorf, Emmen und Payerne die Flugplatzüberwachungsradaranlagen FLUR 90 installiert. Diese Systeme blieben bis zur Ablösung durch das Militärische Anflugleitsystem (MALS) im Jahr 2016 im Einsatz.

2016 Mit dem Rüstungsprogramm 2009 wurden die vorhandenen Blindlandeanlagen (Quadradar, FLUR) durch das militärische Anflugleitsystem MALS (Cassidian) ersetzt. Mit diesem System, welches ein Primär- und Sekundärrundsuchradar, ein Präzisionsanflugradar und einen Flugfunkpeiler umfasst, sind die fünf Flugplätze Payerne, Emmen, Meiringen, Sion und Locarno ausgerüstet.

Kampfflugzeuge

1966 Das Kampfflugzeug Hawker Hunter verfügte über ein Radargerät ARI 5820 (Ekco), welches die Distanz zu einem gegnerischen Flugzeug in das Zielgerät einspeiste. Insgesamt wurden 160 Flugzeuge beschafft, die bis 1994 im Einsatz standen.

1966 Das Kampfflugzeug Mirage IIIS verfügte über ein Bordradargerät als Teil des Taran-Elektroniksystems (Hughes Aircraft Company), insbesondere für den Einsatz der Radar-Luft-Luft-Lenkwaffe Falcon. Insgesamt wurden 36 Flugzeuge dieses Typs beschafft, die bis 1999 im Einsatz standen. Der Allwettereinsatz dieses und der nachfolgenden Kampfflugzeuge bedingte die Radarführung aus einer Einsatzzentrale.

1978 Das Kampfflugzeug Tiger F-5 E/F verfügt über ein Bordradargerät AN/APQ-167 (Emerson) als Teil des Avioniksystems. Insgesamt wurden 110 Flugzeuge dieses Typs beschafft, die teilweise bis heute im Einsatz stehen.

1997 Das Kampfflugzeug F/A-18 C/D verfügt über ein Bordradargerät AN/APG-73 (Raytheon) als Teil eines integrierten Avioniksystems. Insgesamt wurden 34 Flugzeuge dieses Typs beschafft, die bis heute im Einsatz stehen.

Fliegerabwehr

1957  Für die Feuerleitung der schweren Fliegerabwehr standen von 1957 bis 1967 12 Feuerleitradargeräte Mark VII (British Thomson Houston) im Einsatz.

1958  Für die Zielzuweisung der schweren und mittleren Fliegerabwehr wurden 24 Radargeräte des Typs TPS-1E (Microlamda SpA, Lizenz von Raytheon) beschafft. Sie wurden bis 1977 verwendet.

1964 Neun Feuereinheiten des Fliegerabwehrlenkwaffensystems BL-64 waren mit dem Continuous-Wave-Beleuchtungs-Radargerät Scorpion Typ 87 (Associated Electrical Industries) ausgerüstet. Sie wurden1999 liquidiert.

1964  Folgeradar des Fliegerabwehrlenkwaffensystems Rapier (British Aircraft Company). Es wurden 60 Systeme beschafft, die bis heute verwendet werden.

1965  Feuerleitgerät 63 Super Fledermaus (Contraves) für die 35mm-Fliegerabwehr. Es wurden 111 Systeme beschafft, die bis 1980 verwendet wurden.

1970 Feuerleitgerät 69 Super Fledermaus (Contraves) für die 35mm-Fliegerabwehr. Es wurden 38 Systeme beschafft, die bis 1985 verwendet wurden.

1975 Feuerleitgerät 75 Skyguard (Contraves) für die 35mm-Fliegerabwehr. Es wurden 129 Systeme beschafft, die bis 1997 verwendet wurden.

1998 Feuerleitgerät 75/95 Skyguard Contraves) für die 35mm-Fliegerabwehr. Es wurden 45 Systeme beschafft, die bis heute verwendet werden.

2002 Alarmsystem Alert (Typ P-STAR ER, Lockheed Martin) für die Stinger- Lenkwaffeneinheiten. Mobiles 2D-Dopplerradargerät mit Antennenmast. Es wurden 30 Systeme beschafft, die bis heute verwendet werden.

2010 Feuerleitgerät 75/10 Skyguard (Contraves) für die 35mm-Fliegerabwehr. Es wurden 8 Systeme beschafft, die bis heute verwendet werden.

Bearbeitung und Zusammenstellung: Walter Dürig und Rudolf Wicki (Mai 2019)