-22.11.2024-

Am Ende der Dreissigerjahre, vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, hatte die technische Flugzeugentwicklung insgesamt einen neuen Stand erreicht.

Allerdings erfolgte die Pilotenausbildung noch immer auf Flugzeugen, die dem Standard der Zwanzigerjahre entsprachen – offenes Cockpit, starres Fahrwerk, Doppeldeckerbauweise – und sich unwesentlich von den Mustern unterschieden, die die WW1-Nachkriegsfliegerei repräsentierten, insbesondere auch, was deren Handhabung und den Cockpitbereich insgesamt betraf.

Die neusten Jagdflugzeuge waren nun meist in Ganzmetallbauweise hergestellt, höchstens im Leitwerks- oder hinteren Rumpfbereich fanden noch Stoffbespannungen auf Stahlrohrgerüsten Verwendung. Auch Holz als Werkstoff (Rumpfspanten z.B.) war teilweise weiterhin von Bedeutung. So wurde die legendäre britische De Havilland Mosquito fast vollständig aus Holz aufgebaut. Dies diente gleichzeitig der Schonung der kostbaren Metall-Reserven.

Einziehbares Fahrwerk, Landeklappen, Verstellpropeller und automatische Ladedruckregelung der Motoren, die nun gegen 1000 PS entwickelten, stellten 1939 bei Beginn des 2. Weltkrieges 1939 die Messlatte dar. Typische Vertreter waren zu diesem Zeitpunkt die britische Vickers Supermarine Spitfire Mk. I auf alliierter und auf deutscher Seite die Messerschmitt Bf 109 A und B (Me 109 A, B).

Interessanterweise wiesen beide Flugzeuge dieselbe Fahrwerkskonfiguration mit schmaler Spurbreite und nach aussen in die Flügel einfahrbaren Rädern auf, dadurch waren Stabilitätsprobleme bei Start (Ausbrechtendenz bei Propellerdrehmoment-Effekt) und Landung ebenfalls identisch. Andere Entwürfe wie die Hawker Hurricane oder die Focke-Wulf Fw 190, die zunehmende Wichtigkeit erlangte, wiesen eine grosse Spurweite mit nach innen einziehbarem Fahrwerk auf und waren bezüglich Bodenstabilität prinzipbedingt überlegen.

Vickers Supermarine Spitfire Mk. I (anfängl. 2-Blatt-Propeller) Cockpit-Video: https://www.youtube.com/watch?v=3hzI81kEUFo  

Messerschmitt Bf 109 G

Das Ganze blieb im Rahmen des gegenseitigen Wettrüstens ein äusserst dynamischer Prozess, die weiterentwickelten Versionen wechselten sich in rascher Folge ab, unter anderem nahmen die Motorleistungen ständig zu, aus 2-Blatt- wurden 3- und 4-Blatt-Propeller.

Turbolader und Kompressoren dienten der Leistungssteigerung speziell auch in grösseren Höhen, wobei hier die Kompressoren im Vorteil waren, auch Methanol-Wasser-Einspritzung zur Ladeluftkühlung gelangte in diesem Zusammenhang zur Anwendung.

Andere dominante Gegenspieler waren stellvertretend auf Seite der Achsenmächte die japanische Mitsubishi A-6M «Zero», bei den Alliierten die amerikanische Curtiss P-40 Warhawk, Lockheed P-38 Lightning, North American P-51 Mustang und auf russischer Seite die Jakowlew Jak-7 und -9, die Ilyushin Il-2 Schturmovik und zahlreiche weitere.

Zurück zum Cockpitbereich:

Ein äusserst wichtiges Thema waren die Sichtverhältnisse aus den nunmehr geschlossenen Cockpits, was im Luftkampf von grösster Bedeutung und überlebensentscheidend war. Vor allem nach hinten war bei den in den Rumpf integrierten Cockpithauben die Sicht stark behindert. Dies führte später zur Entwicklung von auf den Rumpf aufgesetzten Hauben, woraus eine massive Verbesserung der Rundumsicht resultierte. Mit Rückspiegeln versuchte man ebenfalls, die Sichtverhältnisse nach hinten zu optimieren.

Aus all den technischen Fortschritten – Entwicklung effizienterer Flügelprofile miteingeschlossen – resultierten auch höhere Landegeschwindigkeiten, was den Piloten weniger Zeit für die Landeeinteilung liess, einen zusätzlichen Stressfaktor darstellte und die mentale Pilotenbelastung enorm erhöhte. Höhere Strömungsabrissgeschwindigkeiten waren bei engen Kurven in Bodennähe, die nun schneller geflogen werden mussten, unbedingt zu beachten. Der Stellenwert der Kommunikation über Funk (Flugzeug/Flugzeug, Flugzeug/Boden) nahm um ein Vielfaches zu und wurde entscheidendes Element in der Luftkriegsführung.

Nationale Eigenheiten beim Cockpitdesign hatten sich im Verlauf der Zeit herausgebildet (Frankreich, England, USA, Deutschland).

Da in Deutschland als Folge des Versailler Vertrages nicht mehr auf frühere Designs zugegriffen werden konnte, entstanden neue Flugzeuge ab Reissbrett, was den Vorteil mit sich brachte, alles neu – ab ovo – entwerfen zu können und dies aufgrund der aktuellsten Erkenntnisse. So zeichneten sich deutsche Cockpits durch logische Anordnung von Instrumenten und Bedienungselementen, saubere Verarbeitung und sinnvolle technische Lösungen aus. Erste ergonomische Überlegungen fanden gestalterischen Eingang, wenngleich die Platzverhältnisse immer noch eng und kaum auf Pilotenkomfort abgestimmt waren. Ein extrem enges Cockpit wies zum Beispiel die Messerschmitt Bf/Me 109, das meistgebaute deutsche Jagdflugzeug, auf.

Auf alliierter Seite hingegen basierten die Cockpits bezüglich Gestaltung auf Erfahrungen, die in die Zwanzigerjahre zurückreichten. Im Laufe der Zeit kamen neue Instrumente, Steuerungsmechanismen, Schalter, Vorrichtungen etc. hinzu, woraus oft zusammengeschusterte Lösungen entstanden. Neues wurde da angebracht, wo noch Platz vorhanden war, die Bedienungsfreundlichkeit litt darunter.

Amerikanische Flugzeuge verfügten zu dieser Zeit über deutlich grössere Cockpits, wie beispielsweise der Langstrecken-Begleitjäger Republic P-47 Thunderbolt, das schwerste Jagdflugzeug des Zweiten Weltkriegs. Das hatte auch mit deren langer Einsatzdauer zu tun und diente der Schonung des Piloten unter ergonomischen Gesichtspunkten und im Hinblick auf Ermüdung.

Republic P-47 Thunderbolt

Die Amerikaner gewannen nach ihrem Kriegseintritt durch die sehr zahlreichen Transatlantikflüge besondere Erfahrungen im Cockpitdesign hinsichtlich Pilotenkomfort bei Langzeitaufenthalt auf engem Raum. Hierbei flossen auch psychologische Erkenntnisse mit ein. Erst nach dem Krieg mündeten diese zudem in besondere farbliche Gestaltungen, wie aus dem sowjetisch-russischen Flugzeugbau bekannt. Es wurde dort bis in die neuste Zeit hinein ein türkis-blau-grüner Anstrich verwendet, mit dem Zweck, auf den/die Piloten einen beruhigenden, gleichzeitig auch wachhaltenden Effekt zu entfalten.

Ein herausragender Schweizer mittendrin…

Wegen grösserer Operationshöhen der Flugzeuge fanden zunehmend Druckkabinen Verwendung. Die erste Druckkabine wurde 1931 vom Schweizer Experimental-Physiker, Stratosphärenforscher und Erfinder Prof. Auguste Piccard (dem Grossvater des Solarpioniers, Weltumrunders im Ballon und Solarflugzeug, sowie Psychiaters Bertrand Piccard) für Ballons gebaut, mit der er im gleichen Jahr – mit Start ab Flugplatz Dübendorf(!) – den Höhenweltrekord (17’000 Meter ü.M.) erzielte. Später wirkte er auch bei der Druckkabinenentwicklung von Flugzeugen mit.

Die Blindflugmöglichkeiten waren Standard geworden. Erste Autopiloten fanden Anwendung in Bomberflugzeugen (Kurs halten im Zielanflug). Automatisch sich regulierende Systeme wie Gemischregulierungen von Motoren waren vor allem bei US-Flugzeugen zu finden. In europäischen Flugzeugen erfolgten die Anpassungen aufgrund abgelesener Instrumente in der Regel noch lange manuell.

Erste on-board-Radargeräte mit Darstellung auf Röhrenbildschirmen gelangten im Verlauf des Krieges zum Einsatz. Bemerkenswert, dass die Erfindung des Radars bereits ins Jahr 1904 zurückdatiert (Hochfrequenztechniker Christian Hülsmeyer, basierend auf der Entdeckung der elektromagnetischen Wellen durch Heinrich Hertz 1886).

Was trotz schon sehr frühen Bemühungen der RAF – wie oben ersichtlich bereits im Ersten Weltkrieg – auch bis Ende des WW2 nicht gelang, war eine weitergehende Cockpit-Standardisierung im Bereich der Bedienungselemente, aber auch anderer Konstruktionsmerkmale. So wiesen zum Beispiel die im fortgeschrittenen Kriegsverlauf entworfenen Hawker Typhoon und Tempest nicht einmal einen Cockpitboden auf, unter den Füssen des Piloten verliefen offenliegende Steuerungskabel! Nicht nur herunterfallende Gegenstände, die dann irgendwo verschwanden und herumrutschten, konnten da zu Problemverursachern werden. Die unvollständige Standardisierung erwies sich immer wieder als gravierende Unfallursache infolge Verwechslungen etc. mit fatalem Ausgang. Die besten Cockpits mit zunehmendem Einfliessen ergonomischer Erkenntnisse produzierte in England gegen Kriegsende die Firma Martin Baker.

Das Jet – Zeitalter bricht an…

Mit der Entwicklung der Strahltriebwerke ab 1937 (Hans v. Ohain in Deutschland, parallel Frank Whittle in England) entstanden die ersten Düsenflugzeuge (Heinkel He 178 1939 in Deutschland, Campini-Caproni C.C.2 1940 in Italien, Gloster E.28/39 1941 in England) All diese Flugzeuge wiesen noch eine Heckrad-Anordnung auf, ausser bei der He 178 war das Cockpit noch an klassischer Stelle in Rumpfmitte, wie bei den Propellerjägern, angeordnet.

Auch die Messerschmitt Me 262, der erste operationelle Düsenjäger der Welt (1944) war anfänglich ein «tail dragger» und erhielt erst später ein Bugrad.                     Dies aus dem Hauptgrund, da beim Start das Leitwerk in der Heckradkonfiguration nicht richtig angeströmt wurde und sich dadurch «das Heck im Startanlauf nur durch kurzes Bremsen bei 180km/h anheben liess» (Zitat Fritz Wendel, Testpilot). Vom Bugfahrwerk profitierte auch die Sicht aus dem Cockpit nach vorne. Hingegen verblieb das Cockpit an konventioneller Stelle.

Das erste Versuchsflugzeug 1941 war mit einem im Bug eingebauten Kolbenmotor Junkers Jumo ausgestattet, da die Strahltriebwerke Jumo 004 noch nicht verfügbar waren. Hingegen verfügte sie als modernes Konstruktionsmerkmal hinsichtlich höherer erreichbarer Fluggeschwindigkeiten von Beginn weg über gepfeilte Flügel.

Messerschmitt Me 262 A1-a in Dübendorf 1945, Pilot H.G. Mutke

Am 25. April 1945 landete die bewaffnete Messerschmitt Me 262 A-1a  «Schwalbe», Kennzeichen «Weisse 3» wegen Treibstoffmangels auf dem Flugplatz Dübendorf, pilotiert von Hans Guido Mutke, Oberfähnrich und Arzt.  Geplant war ein Ueberführungsflug der fabrikneuen Maschine von Fürstenfeldbruck nach Prag, die genaueren Umstände sind aber bis heute unklar.

Sehr gut erkennbar das in Rumpfmitte aufgesetzte Cockpit, das in der Folgezeit bei Düsenflugzeugen Richtung Nase wanderte.

Die Maschine wurde 1957 an das Deutsche Museum in München übergeben, da in der Schweiz niemand an ihr Interesse hatte und die Verschrottung bevorstand…

Noch war zu dieser Zeit, am Ende des Zweiten Weltkriegs, die Rollenverteilung im Cockpit klar, der Pilot verwertete die eingehenden Informationen zu einem Ganzen und handelte sinngemäss. Er behielt jederzeit die Oberhand und kontrollierte am Interface Mensch/Maschine letztere. In der Zukunft sollten sich diesbezüglich einmal noch ganz andere, ungeahnte Entwicklungen abspielen.

Text: Dr. med. Theodor Huber

Bilder: Internet, cockpit.aero, Wikipedia

Quellen: M.J. Schuivens (Historische Entwicklung der Cockpitinstrumentierungen), L.F.E. Coombs (Fighting Cockpits), Wikipedia, warbird.ch