-13.03.2024-

Nach einer gründlichen Erprobung durch die Rüstungsbeschaffungsinstanzen und der Truppe wurde 1954 ein neues 20 mm Fliegerabwehrgeschütz in den Dienst der Schweizer Armee gestellt. Es handelte sich dabei um eine Entwicklung der Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon-Bührle & Co aus Zürich.

Einsatz in der Schweizer Armee

Die Einführung der 20 mm Flab Kan 54, wie man sie im Armeejargon nannte, wurde als deutlicher Fortschritt bei der Modernisierung des Materials der Schweizer Fliegerabwehrtruppen empfunden. Das neue Geschütz kam stufenweise bei den Mob L Flab Abteilungen der Divisionen, den Flab Kp der Infanterie, Artillerie Flab Z und später auch den L Flab Abteilungen der Flab Rgt zur Einführung. Die bisher diesen Formationen zugeteilten 20 mm Flab Kan 38 W+F wurden von der Festungsflab übernommen. Die 20 mm Flab Kan 43 Hispano teilte man den Landwehr Grenz- und Reduitbrigaden zu. Mitte der 1970er Jahre wurden die bisherigen Plexiglas- und Metallvisiere der Flab Kan 54 durch das Visier 75 – Deltavisier – ersetzt.

1983 beantragte der Bundesrat dem Parlament mit einer Botschaft die Beschaffung von zusätzlichen 20 mm Flab Kan 54 für die Festungs- und Flugplatzfliegerabwehr. Diese lösten die Flab Kan 38 W+F und die 20 Flab Kan 63 Drilling ab, weil diese den modernen Bedrohungen hinsichtlich Schussfolge, Visier und verschossene Munition, sowie in Bezug auf Zuverlässigkeit und Wirkung im Ziel nicht mehr genügten.

Nach der Einführung der leichten Boden-Luft-Lenkwaffe 93 «Stinger» wurde die 20 mm Flab Kan 54 stufenweise bis 1998 ausserdienstgestellt. Es wurden total 1’300 20 mm Flab Kan 54 Geschütze beschafft.

Beschreibung der 20 mm Flab Kan 54

Die Bedienungsmannschaft umfasst einen Geschützchef (Unteroffizier), Schiessender, Schiessgehilfen, Lader und zwei Munitionswarte. An der Unterlafette ist für den Motor- oder Handzug ein einachsiges Fahrgestell befestigt, die Unterlafette ist als Dreispreizlafette ausgelegt. Die 20 mm Maschinenkanone ist auf einer Waffenwiege, welche Teil der Oberlafette ist, gelagert. Es handelt sich dabei um eine Waffe, welche mit dem Gasdruck funktioniert und einen Schwenkriegel-Blockverschluss besitzt. Der Schiessende kann die Waffe von Hand mit Einzel- oder Seriefeuer abfeuern. Die Munition ist in einem auf die Waffe aufgesetzten Trommelmagazin zu 50 Schuss gelagert. Die Waffe wird durch eine Spannvorrichtung durchgeladen. Der Schiessende kann das Geschütz in der Seite unbegrenzt drehen (6’400 ‰). In der Höhe kann das Geschütz in einem Bereich von -90 ‰ bis +1’500 ‰ bewegt werden. Der Antrieb erfolgt dabei durch ein Handrad über ein Höhengetriebe. Dem Schiessenden steht ein offenes, optisches Plexiglas, bzw. Metallvisier mit Kimme und Stirnstütze zur Verfügung. Diese sind auf einem Visierträger, welcher mit der Waffenwiege verbunden ist, angebracht. Es wird nach dem Sperreschiessen mit kurzen Feuerstössen von je ca. 10 Schuss geschossen. Das Plexiglasvisier ist mit Ellipsen für Zielgeschwindigkeiten von 250, 500, 750 und 1’000 km/h versehen.

Ab 1976 wurde das modernere Deltavisier verwendet. Es wurde von der Firma WILD, Heerbrugg hergestellt. Es handelt sich um ein Reflexvisier mit vorklappbaren Farbscheiben, elektrischer Beleuchtung für den Einsatz bei Dämmerung und Nacht und brachte differenziertere Visierdaten gegenüber bisherigen Ellipsenvisieren, eine Leistungssteigerung beim Schiessen. Es wurden 20 mm Minen-Brand-Granaten mit Momentanzünder (Mi Br G MZ), Panzer-Brand-Granaten mit Bodenzünder (Pz Br G BOZ), Leuchtspur-Granaten (ohne Sprengladung) im Mischverhältnis 2:2:1 verschossen. Für das Übungsschiessen standen Leuchtspur-Granaten zur Verfügung. Pro Geschütz wurden drei Trommelmagazine zu je 50 Schuss zugeteilt.

Militärische Verwendung

Die Leichten Fliegerabwehrformationen wurden hauptsächlich für den Objektschutz und zur Abnutzung im untersten Luftraum eingesetzt. Natürlich konnten die 20 mm Flab Kan 54 mit ihrem kleinen Kaliber nur eine begrenzte Wirkung erzielen. Schnelle Kampfflugzeuge, welche höher al 1’500 Meter über Grund flogen, hatten von der Leichten Flab nichts zu befürchten. Kampfhelikopter dagegen, die im Konturenflug radartote Räume ausnützten und deshalb überraschend auftauchen konnten, hatten kaum eine Chance gegen den dichten Feuerteppich einer 20 mm Batterie. Für eine Feuereinheit L Flab bestehend einem Zug mit vier 20 mm Flab Kan 54 eignete sich ein flaches offenes Gelände. Da erschien der Chef der Feuereinheit und erkundete den Stellungsbezug. Kurz darauf war das erste Geschütz feuerbereit und sicherte die Stellung gegen Angriffe aus der Luft oder vom Boden her ab, bis weitere Geschütze die Stellung bezogen. Das war der Vorteil der kleinkalibrigen Flab: Sie war wirkungsvoll, mobil und innert wenigen Minuten bereit zum Schutz gegen Luftangriffe aus geringer Höhe auf wichtige Objekte und Räume wie eine Brücke, ein Flugplatz oder ein Bereitstellungsraum. Im Umkreis von sieben bis zehn Kilometer um den Stellungsraum der L Flab Feuereinheit Luftbeobachter mit Feldstechern eingesetzt, die per Funk das Auftauchen gegnerischer Flugzeuge meldeten.

Quellen:

  • Fliegerabwehr Geschichte, Hansruedi Christen & Jürg Schneier
  • Fliegerabwehr Bewaffnung und Ausrüstung, Hermann Schild
  • Sperrfeuer am Himmel, Dölf Preisg & Ronald Sonderegger

Bild:

Archiv Stiftung MHMLW – Bild einer 20 mm Flab Kan 54


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